Am 7. September erschienen in der hiesigen Landeszeitung zwei aufeinander bezogene Artikel, die das Projekt „Kulturmittler“ vorstellten. Es wurden hierbei MigrantInnen zu VermittlerInnen ausgebildet, die dann in sozialen Einrichtungen und Schulen helfen könnten integrative Arbeit zu leisten, „zwischen den Kulturen“ zu vermitteln.
Dieses Projekt wurde von der ARGE ein Jahr lang gefördert. Nun, zu einem Zeitpunkt, an dem die ausgebildeten Menschen ihre Arbeit aufnehmen könnten, läuft die Förderung aus und alles ist für die Katz‘.
Hierzu sandten wir der Landeszeitung am 9. September 2010 einen Leserbrief zu, der leider gekürzt wurde und an manchen Stellen dadurch eben auch an Sinnhaftigkeit verlor.
Daher veröffentlichen wir unseren Leserbrief hier in voller Länge (und ohne die Rechtschreibfehler, die in unserem Leserbrief nicht –aber in der Zeitungsversion– vorkamen).
„Gute Ideen – zweifelhafte Förderlandschaft
„Kein Geld für Integration“ und „Gute Idee – für mehr fehlt das Geld“, LZ vom 07.09.10, S. 1 und S. 7
Schön, dass dieser Förderwahnsinn einmal öffentlich aufgegriffen wird. Der Artikel beschreibt, was dabei herauskommt, wenn man (betriebs-)wirtschaftliches Denken eins zu eins auf den sozialen Bereich überträgt.
Anschubfinanzierung und Gründerförderung sind vielleicht im kommerziellen Bereich sinnvoll, um eine innovative Idee überhaupt erst umsetzen zu können, sie unter den Adressaten bekannt zu machen und ihr damit zum Erfolg am Markt zu verhelfen. Sie kann eventuell anschließend am Markt auf eigenen Beinen stehen.
Gänzlich anders sieht es mit den Innovationen im sozialen Bereich aus. Hier sind die AdressatInnen ja gerade die benachteiligten Individuen, denen mit der Umsetzung der „Guten Idee“ zu einem Ausgleich an beispielsweise Bildung, sozialer oder Medienkompetenz verholfen werden soll.
Im sozialen Bereich die „Olympiade der Innovationen“ auszuloben und jedes Jahr aufs Neue mit unglaublichem Antragsaufwand neue Projekte entstehen zu lassen, bedeutet, dass die Innovationen, die „guten Ideen“ nach diesem Jahr einfach verpuffen. Gerade im sozialen Bereich benötigen wir aber Verlässlichkeit, einen verantwortungsvollen Umgang mit den Adressaten, aber auch mit den kreativen Köpfen hinter den Ideen. Verantwortung bedeutet dabei, dass die guten Ideen, die den einjährigen „Praxistest“ erfolgreich bestanden haben, nachhaltig gefördert werden müssen. Sonst bleibt es bei einem Projekthopping, das unglaubliche Ressourcen frisst, keinerlei Nachhaltigkeit entfaltet und wirklich niemandem hilft.
Wir kritisieren dies schon seit Jahren, hat sich unser Projekt „Mobile Medienarbeit“ doch mittlerweile aus dem „Projektstadium“ zu einer Institution entwickelt, die sich mit fundierter aktiver Förderung der Medienkompetenz im Kinder-, Jugend- und jungen Erwachsenenbereich einen Namen gemacht hat. Leider hängen wir nach wie vor an genau diesem Tropf der verfehlten Projektförderung.
Und wir sagen auch: Dieser Wahnsinn hat Methode. Es ist genau dieser Effekt des Projekthoppings politisch gewollt. Es ist ein Steuerungselement, um die Ausgaben je nach Gusto, quasi willkürlich ausschütten, einstellen oder verändern zu können. Ziel der Übung ist es, die öffentlichen Ausgaben für den Jugendbereich (und allgemein den Sozialbereich) auf ein Minimum herunter zu fahren. Und vor allem: Es geht der rechtliche Anspruch flöten. Je mehr das System der Förderung von der gesetzlichen Regelförderung hin zu projektierten Einzelförderung verkommt, desto schwerer ist es einen Anspruch für die wichtige soziale Arbeit einzuklagen. Alles wird zur freiwilligen Leistung, die auch noch zeitlich befristet und nur noch auf Antrag gewährt werden kann.
Einher damit geht, dass die Löhne und Gehälter der hier arbeitenden Menschen immer geringer ausfallen, da die Ansätze innerhalb solcher Förderungen limitiert sind.
Kein Wunder also, dass immer weniger Menschen im Sozialbereich bereit sind, die zum Teil sehr belastende und schwierige Arbeit machen zu wollen.
Was wir brauchen ist eine Regelförderung für gute Ideen, die den Praxistest bestanden haben.
Georg Gunkel-Schwaderer
Leiter der Mobilen Medienarbeit
SJD-Die Falken
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